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Workshop & Lesung mit Tope Folarin

Workshop & Lesung mit Tope Folarin

Das Lernstudio der Zentralbibliothek Düsseldorf war der ideale Schauplatz für die fünfte und vorletzte Autorenlesung im Rahmen des Projekts „Über Übersetzen“: Umgeben von Büchern fühlten sich sowohl die Studierenden aus den Studiengängen Literaturübersetzen und Comparative Studies als auch der nigerianisch-amerikanische Autor Tope Folarin wie zu Hause. Zudem wird das Studio neben den öffentlichen Veranstaltungen der Bibliothek auch für Sprachkurse für Einwanderer genutzt. Und eben solche bevölkern auch Folarins Caine-Prize-prämierte Kurzgeschichte Miracle.

Darin empfängt eine christliche Gemeinde nigerianischstämmiger Einwanderer in den USA einen Gastprediger, von dem sie sich Übernatürliches und Wunder erhoffen, Wunder, die ihnen den schweren Alltag im neuen Land erleichtern sollen. Der junge Ich-Erzähler wird aufgerufen, vor die Gemeinde zu treten, um von seiner Sehschwäche geheilt zu werden. Nach dem langen und spektakulären Ritual, in das alle Gemeindemitglieder ihre Hoffnungen setzen, sieht der Protagonist jedoch noch genauso verschwommen wie zuvor. Er erkennt, dass eben jene Hoffnung, die seinen Mitmenschen vermittelt worden ist, das eigentlich wichtigere Ziel der „Wunderheilung“ war.

Als in den USA geborener Sohn nigerianischer Einwanderer ist Folarin nicht nur die generelle Situation seiner Figuren vertraut, er erklärt außerdem, dass er den Konflikt seiner Hauptfigur zwischen Rationalität und Spiritualität selbst durchgemacht habe. „I have room in myself for spirituality, for the irrational“, stellt der Autor als sein Fazit aus diesem Konflikt fest.

Auch Sigrid Heiduschka aus dem Studiengang Literaturübersetzen, die „Miracle“ für die demnächst erscheinende zweisprachige Kurzgeschichtenanthologie übersetzt hat, hat sich speziell für diese Geschichte interessiert, weil sie persönlich schon mit Einwanderung und Religiosität wie jener in der Geschichte zu tun hatte.

Denn die Art und Weise, wie die Gemeinde aus der Kurzgeschichte ihren Gottesdienst begeht, liest sich für deutsche Leser eventuell erst merkwürdig: Menschen singen laut, schreien, tanzen oder springen, brechen teils unkontrolliert in Lobpreisungen aus, rechnen fest damit, dass etwas Übernatürliches passieren wird.

Unter diesem Gesichtspunkt der Fremdheit gab es im vorangehenden Workshop noch einiges zu klären und erklären. Der Autor fand, wie auch später in der Lesung, viele lobende Worte zu Übersetzungsarbeit im Allgemeinen: „I admire the work of translators because they are the ones that ensure art’s integrity across national and cultural borders. That is incredibly important work.“

Bei der Frage, ob die Anthologie „Snapshots – Schnappschüsse“ des Projekts fremdsprachige oder –artige Begriffe in einem Glossar erklären und dafür kursiv setzen solle, war er allerdings dagegen: „Italicization marks a word as different, but part of our self-understanding ist hat we are not different. We don’t see ourselves as outsiders anymore, we are full citizens of this literary world, we don’t want people to marginalize us by marking words that are foreign or ‚not okay‘. We don’t want to be accessible in a way that we make ourselves presentable before appearing in public, that we become acceptable. If English has imposed itself on us, English should also be able to accommodate something new.”

Sein Plädoyer für die Eigenständigkeit und die Rechte ausgegrenzter Gruppen sprach er auch während der Lesung noch einmal aus – er las aus seinem bald erscheinenden Roman, der das Thema der Einwanderung in die USA ebenfalls aufgreift, und drückte seine Hoffnung aus, der Roman werde noch während Trumps Präsidentschaft erscheinen, damit er als eine Art Reaktion auf dessen Einwanderungspolitik verstanden warden könne. „Marginalized people are just as human as everybody else and have just as much of a right to strive for their dreams.“

Die nächste und letzte Lesung im Rahmen des studiengangübergreifenden Projekts findet am 30. März ab 19 Uhr statt, dann im Kneipenkollektiv „Butze“ in Düsseldorf Derendorf. Dann wird der kenianische Autor Billy Kahora mit seiner Kurzgeschichte „The Gorilla’s Apprentice“ zu Gast sein.