Lesung mit Billy Kahora
Abschlusslesung mit Billy Kahora
Ein Teenager aus Nairobi schließt Freundschaft mit einem alternden Gorilla aus dem Wildtierreservat, ein gesuchter Völkermörder versteckt sich unter dem Namen Semambo und der Identität eines Professors in der gleichen Stadt und nach einer umstrittenen Wahl brechen dort gewaltsame Unruhen aus. Das ist die Welt, in der sich die Kurzgeschichte „The Gorilla’s Apprentice“ des kenianischen Autors Billy Kahora abspielt. In der gemütlichen Atmosphäre des Kneipenkollektivs „Butze“ gab es für die Besucher der Lesung darüber hinaus reichlich Möglichkeiten, alles über die Hintergründe sowie die deutsche Übersetzung der Geschichte zu erfahren.
Obwohl Kahora, der mit „The Gorilla’s Apprentice“ 2014 für den Caine Prize for African Writing nominiert war, derzeit alle Hände voll mit der Überarbeitung seiner Kurzgeschichtensammlung zu tun hat, fand er die Zeit, als letzter Gast der Lesungsreihe im Rahmen des Projekts „Über Übersetzen“ nach Düsseldorf zu kommen. Eindrucksvoll schilderte er, wie er sich 2007 – nach besagten Unruhen in seinem Heimatland – zusammen mit sechs weiteren Autoren daran machte, inmitten der vielen verschiedenen kursierenden Versionen der Ereignisse die Zusammenhänge aufzuklären und künstlerisch zu verarbeiten – der Ursprung der Kurzgeschichte.
Darin steht der Gorilla Sebastian in seiner altersschwachen Lethargie symbolisch für die Passivität der Mittelklasse im Rahmen der politischen Unruhen, seine Beziehung zum jungen Jimmy zeigt die Freundschaft als universelles menschliches Motiv. Kahora nennt diese Thematiken in seiner Geschichte gleichzeitig konkret und stellt sie vage dar, sodass jeder Leser sie für sich selbst entschlüsseln kann.
Seine studentische Übersetzerin Ann-Kathrin Kranz hat sich bei ihrer Version der Geschichte an diesen Zwiespalt gehalten, ohne weitere Informationen hinzuzufügen oder zu erklären. Wie auch schon ihre Kolleginnen bei den vorherigen fünf Lesungen der Reihe zielte auch sie darauf ab, eventuelle Unklarheiten oder Fremdheiten des Originals nicht künstlich aufzuklären, sondern ihnen ihre Eigentümlichkeit auch im Deutschen zu erhalten.
Gleichwohl stellte Kahora während der Fragerunde im Anschluss an die zweisprachige Lesung fest: „What this story is in German, in Germany, is probably something completely different from what it is in Kenya. But that is something fascinating, not something to worry about.” Allgemein zeigte er viel Interesse an der deutschen Übersetzung: „I would like to have someone re-translate it into English so I can see what has happened.”
Die deutsche Version der Geschichte wird im Laufe des Jahres zusammen mit dreizehn weiteren Caine-Prize-ausgezeichneten oder –nominierten Kurzgeschichten in einer Anthologie erscheinen. Diese wird den Abschluss des studiengangübergreifenden Projekts zwischen dem Master Literaturübersetzen und dem Master Comparative Studies bilden.